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Pandamobil Tiefsee Titelbild
Wir tauchen ab!

Auf Entdeckungsreise in der Tiefsee

Unterrichtsdossier

Umfang und Inhalt des Unterrichtsdossiers

Dieses Unterrichtsdossier soll die Animation «Wir tauchen ab!» im Pandamobil umrahmen, die sich an Kinder vom Kindergarten bis zur 4. Klasse richtet.

Beim Besuch im fantasievoll eingerichteten Pandamobil können die Kinder in die Tiefen des Ozeans eintauchen und diese normalerweise unerreichbare Unterwasserwelt entdecken. Die Tiefsee ist allerdings so gross, dass wir nicht alle Themen in zwei Animationslektionen abdecken können. Den Lehrpersonen wird empfohlen, dieses faszinierende Thema vor und nach dem Besuch im Pandamobil in der Klasse zu behandeln.

Die Struktur des Unterrichtsdossiers und die vorgeschlagenen Aktivitäten sollen den Lernprozess fördern mit dem Ziel, das Wissen zu vermitteln, das es für die Auseinandersetzung mit der zentralen Frage braucht: Wieso ist es wichtig, die Tiefsee zu schützen?

Der Theorieteil für die Lehrpersonen wurde bewusst kurzgehalten und auf die Informationen beschränkt, die es braucht, um die Aktivitäten zu verstehen und sie den Kindern erklären zu können.

Wir Menschen kennen vor allem die oberste, 200 Meter tiefe Meeresschicht: Wenn wir von bedrohten Korallenriffen hören, denken wir sogleich an bunte Fische. Mit der Animation «Wir tauchen ab!» sollen die Kinder die weniger bekannte Welt unterhalb dieser 200 m kennenlernen, in die kein Sonnenlicht mehr vordringt und die eine Tiefe von bis zu 11'000 m erreichen kann. Die Tiefsee ist wissenschaftlich kaum erforscht und fasziniert durch ihre extremen und einzigartigen Lebensbedingungen sowie durch die geheimnisvollen Tiere, die sich an diesen Lebensraum angepasst haben. Eine Welt, die viel Raum für Fantasie lässt.

Damit sich die Kinder ein besseres Bild von diesem für sie neuen Lebensraum machen können, schlagen wir den Kindergarten-Lehrpersonen vor, im Klassenzimmer einen «Tiefsee-Bereich» zu gestalten, der im Laufe der Aktivitäten dekoriert wird. Für die 1. bis 4. Klasse haben wir ein Poster vorbereitet, das im Klassenzimmer aufgehängt werden kann. Das Tiefsee-Poster wird sich im Laufe der Aktivitäten und mit dem neu erworbenen Wissen verändern – Elemente werden ergänzt oder angepasst (Bogen mit Bildern zum Ausschneiden). Ein kleines Bilder-Lexikon hilft zudem dabei, die thematisierten Arten und Ausdrücke kennenzulernen oder zu repetieren.

Warum sollte das Thema Tiefsee im Unterricht behandelt werden?

Für uns, die wir von Bergen umgeben in der Schweiz leben, erscheint der Ozean weit entfernt. Dennoch beeinflusst der Ozean unser Leben, und wir hängen von ihm ab. Das Wasser unserer Gletscher stammt aus dem verdunsteten Wasser der Ozeane, unsere Flüsse münden in die Meere, der Fisch auf unserem Teller stammt aus dem Wasser und viele unserer Waren werden per Schiff über die Ozeane transportiert – dies sind nur einige Beispiele. Ausgehend vom Thema Tiefsee können also diverse Inhalte behandelt werden. Das Wasser ist ein spannendes Thema, das im Laufe der Schulzeit immer wieder aufgegriffen wird. Sie könnten es sogar zum Thema der Woche oder des Jahres machen! Es wird in folgenden Fächern behandelt: in NMG (wasserbezogene Naturphänomene, Wasserkreislauf, Lebensbedürfnisse, Vielfalt der verschiedenen Arten, Wasserverschmutzung und Abfall), Geografie (vertraute Lebensräume wie Flüsse und Seen, unsere Beziehung zum Meer, Wasserverbrauch) und manchmal auch in Deutsch oder Geschichte (Erzählungen, Mythen) oder in Mathematik (Volumen). Aktuelle gesellschaftspolitische Themen sind zum Beispiel der Tiefseebergbau, der steigende Meeresspiegel oder das Hochseeabkommen der Vereinten Nationen (UN). Der Schutz der Ozeane und ihrer Lebewesen ist nicht nur ein Anliegen des WWF, sondern auch eines der «17 Ziele für nachhaltige Entwicklung» der Vereinten Nationen. Im letzten Kapitel dieses Dossiers ist aufgeführt, wie das Thema unter dem Gesichtspunkt der nachhaltigen Entwicklung (BNE) mit anderen Unterrichtsthemen verbunden werden kann.

In den einzelnen Aktivitäten wird auf den Lehrplan 21 Bezug genommen und die jeweiligen Kompetenzerwartungen aufgeführt.

Die Lesezeit für diesen Theorieteil beträgt etwa eine Stunde, und um alle Aktivitäten durchzuführen, braucht man 10 bis 13 Lektionen.

Download der Aktivitäten

Theorieteil für Lehrpersonen

Übersicht

  1. Was ist die Tiefsee?
  2. Wer hat die Tiefsee entdeckt und wie?
  3. Wie sieht die Tiefsee aus?
  4. Wer lebt in der Tiefsee? Wie leben die Lebewesen in der Tiefsee?
  5. Was sind die Bedrohungen für die Tiefsee?
  6. Wieso ist es wichtig, die Tiefsee zu schützen?
  7. Wie können wir unseren Einfluss auf die Tiefsee verringern?
  8. Bezug zu den verschiedenen Themen der nachhaltigen Entwicklung (BNE)

Klappen Sie die einzelnen Kapitel auf, indem Sie auf das «+» klicken, um mehr über die Tiefsee zu erfahren.

1. Einstieg: Was ist die Tiefsee?

Die Weltkarte des Ozeanografen Athelstan F. Spilhaus setzt die Antarktis in die Mitte und zeigt somit die einzelnen Ozeane als eine zusammenhängende Wassermasse – den Weltozean bzw. das Weltmeer. Aus dieser Perspektive wird ersichtlich, dass wir auf einem Wasserplaneten leben. Rund 71 Prozent der Erdoberfläche sind von Meeren bedeckt. Falls Sie es schwierig finden, diese Zahl zu begreifen, dann hilft Ihnen vielleicht dieser Vergleich: Die Fläche des Pazifiks würde reichen, um alle Kontinente und Inseln in sich aufzunehmen.

Je nach Definition beginnt die Tiefsee für Wissenschaftler:innen in unterschiedlichen Meerestiefen (200 m, 800 m oder 1000 m) – wir stützen uns hier auf die Biologie und bezeichnen die Meeresgebiete ab 200 m Tiefe als «Tiefsee». Unterhalb von 200 m findet keine pflanzliche Primärproduktion mehr statt (pflanzliches Plankton wie Grünalgen und Kieselalgen, die Photosynthese betreiben), da nicht genug Licht durchdringt. 

Die Tiefsee ist der grösste Lebensraum auf dem Planeten Erde: Rund 75 Prozent des Ozeanvolumens (1 Milliarde km3) und rund 90 Prozent des Meeresbodens (320 Millionen km2) werden der Tiefsee zugeschrieben. Die Tiefsee ist aber gleichzeitig auch der am wenigsten erforschte Lebensraum. Wissenschaftler:innen nehmen an, dass zwei Drittel der Meeresorganismen noch unentdeckt sind. Knapp ein Viertel des Meeresbodens wurde bis heute kartiert. Gesamthaft sind nicht einmal 5 Prozent der Tiefsee erforscht. Der alte Spruch, dass wir Menschen mehr über den Mond wissen als über die Tiefsee, ist immer noch aktuell. Bis zum heutigen Tag waren mehr Menschen auf dem Mond als am tiefsten Punkt des Ozeans.

Aus menschlicher Perspektive können die Vorteile und Nutzen der Meere anhand von Ökosystemleistungen, dargestellt und gemessen werden. Hier einige exemplarische Beispiele, welche die Verbindung zwischen der Schweiz als Binnenland und der Tiefsee verdeutlichen:

  • Lieferung von Sauerstoff: Der Ozean hat während der Erdgeschichte einen grossen Teil des Sauerstoffs produziert, den wir heute einatmen. Er sichert somit die Luftqualität durch Kohlendioxidaufnahme und Sauerstoffabgabe.

  • Wasserkreislauf: Durch Verdunstung und Regen wird Wasser zwischen Land, Meer und Atmosphäre ausgetauscht. Jeder Tropfen, den wir trinken, war also irgendwann mal mit dem Meer in Kontakt. In der Schweiz speisen die Gletscher die Flüsse, die in den Einzugsgebieten von fünf europäischen Flüssen liegen: der Rhein und die Rhone, die in der Schweiz entspringen, sowie der Po, die Etsch und die Donau. Diese fünf Flüsse münden in die Nordsee, das Mittelmeer, die Adria (Po und Etsch) oder das Schwarze Meer.

  • Klima: Der Ozean reguliert unser Klima. Er bremst die Klimakrise, indem er viel CO2 und den grössten Anteil der Wärme aufnimmt, die durch den anthropogenen Treibhauseffekt entsteht.

  • Nahrung: Das Meer ist Lebensraum und Kinderstube für einen grossen Teil der Fische und Meeresfrüchte, die wir konsumieren.

  • Transportwege: 90 Prozent des globalen Welthandels erfolgen über den Schiffsverkehr. Viele Güter unseres täglichen Gebrauchs kommen über den Seeweg in die Schweiz. Des Weiteren sind Handelsschiffe von Schweizer Unternehmen auf allen Weltmeeren unterwegs.

  • Tourismus: Das Meer hat einen ästhetischen und emotionalen Wert und bietet uns Erholungsraum und Feriendestinationen.

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Illustration der Weltmeer-Karte

2. Wissensausbau: Wer hat die Tiefsee entdeckt und wie?

Magellan versuchte 1521 als Erster, die Tiefe der Ozeane auszuloten, indem er ein 700 m langes Seil in den Pazifik sinken liess. Das Seil stiess nicht auf Grund und lieferte so den Beweis, dass die Ozeane tiefer sein müssen.

Im Jahr 1930 machten sich William Beebe und Otis Barton mit einer Bathysphäre (Tiefseekugel) auf in die Tiefe und erreichten dabei einen neuen Rekord von 435 m.

Die Familie Piccard hat Pionierarbeit geleistet, sowohl in der Höhe als auch in der Tiefe. Hier ein Interview und zwei Filme zu den Piccards:

Auguste Piccard (1884-1962) baute zusammen mit seinem Sohn Jacques (1922-2008) die Bathysphäre Trieste, mit der Jacques und sein Crewkollege Don Walsh 1960 in den Marianengraben im Pazifik hinabtauchten und den tiefsten bekannten Punkt im Ozean erreichten, das Challengertief. Das Unterfangen verlief jedoch nicht ohne Probleme: Nach 9000 m gab es Risse an einer der äusseren Plexiglasscheiben, doch die beiden setzten den Tauchgang fort, bis die Bathysphäre schliesslich eine Tiefe von 10'911 m erreichte, wo Piccard und Walsh auf dem Meeresboden einen Plattfisch entdeckten. Danach tauchten sie wieder auf.

Der Mensch will – angetrieben von Neugier – seine Umwelt verstehen. Damit ihm das gelingt, muss er sich mitunter an extreme Bedingungen anpassen können, wobei der Einsatz von Technologie eine wichtige Rolle spielt. Zur Erkundung der Tiefsee braucht der Mensch Ausrüstung, die es ihm ermöglicht, in einer der rausten Gegenden der Welt zu überleben.

Doch wo soll man mit der Suche beginnen? Hierbei helfen spezielle Karten: Neben Landkarten gibt es nämlich auch Seekarten. Im Jahr 1950 begann die Amerikanerin Marie Tharp (1920-2006), Geologin und Kartografin, mithilfe der neuen Sonar-Technologie (Schallwellen ermöglichen die Messung der Tiefe) den Meeresboden zu kartografieren. Als Frau war es ihr damals nicht gestattet, an Bord der Forschungsschiffe zu gehen, weshalb sie mit dem Ozeanografen Bruce Heezen zusammenarbeitete. 1957 erstellten die beiden die erste Karte des nordatlantischen Meeresbodens. Die meisten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gingen davon aus, dass der Meeresboden flach ist und keine Erhebungen aufweist, doch die Karte zeigte Canyons, Berge und ein riesiges Rift Valley. Die Karten von Marie Tharp werden auch heute noch rege genutzt.

Hier können Sie mehr über Marie Tharp erfahren:

3. Wissensausbau: Wie sieht die Tiefsee aus?

Wissenschaftler:innen haben die Ozeane in unterschiedliche Zonen eingeteilt. Taucht man von der Oberfläche zur Tiefsee, gelangt man zuerst durch das Epipelagial (bis zu 200 m Tiefe), dann durch das Mesopelagial (200 bis 1000 m), das Bathypelagial (1000 bis 4000 m), das Abyssopelagial (4000 bis 6000 m) und kommt schliesslich in das Hadopelagial (6000 bis 11'000 m). Die durchschnittliche Tiefe der Ozeane beträgt 3800 m. Die tiefste bekannte Stelle liegt rund 11'000 m unter der Wasseroberfläche im Marianengraben (Pazifik). Zum Vergleich: Der Mount Everest ist 8848 m hoch.

In der epipelagischen Zone ist Photosynthese (pflanzliche Primärproduktion durch Algen) möglich, da sie von ausreichend Sonnenlicht durchflutet wird. Hier variiert die Temperatur je nach Sonneneinstrahlung. Diese Zone ist wissenschaftlich am besten erforscht. Je tiefer man hinabtaucht, desto extremer werden die Bedingungen: Licht, Temperatur und Sauerstoffgehalt nehmen nach und nach ab. Unterhalb von 200 m ist aufgrund des Lichtmangels keine Photosynthese mehr möglich. Ab 1000 m Tiefe herrscht absolute Dunkelheit.

Die Temperatur an der Oberfläche der Meere und Ozeane ist ortsabhängig, beträgt im Durchschnitt aber rund 17,5 °C. Mit zunehmender Tiefe sinkt die Temperatur kontinuierlich und erreicht in der Tiefsee schliesslich zwischen -1 und 4 °C.

Der Wasserdruck steigt mit zunehmender Tiefe rasch an (ein Bar pro 10 m). An der tiefsten bekannten Stelle, im Marianengraben (-11'000 m), ist der Druck etwa 1100-mal höher als an der Wasseroberfläche. Dies entspricht dem Gewicht von ungefähr 1600 Elefanten pro m2. Die Tiefsee wird daher schnell lebensbedrohlich für Menschen: Der Rekord im Gerätetauchen liegt denn auch bei «nur» 332 m. Zum Erkunden der Tiefsee mussten also robuste U-Boote entwickelt werden (siehe vorheriges Kapitel).

Eine gute Zusammenfassung finden Sie im Video von «Dinge erklärt – kurz gesagt»: Was verbirgt sich am tiefsten Punkt des Ozeans?

Das Relief des Meeresbodens

4. Wissensausbau: Wer lebt in der Tiefsee? Wie leben die Lebewesen in der Tiefsee?

Die Tiefsee ist ein extremer Lebensraum: Es ist kalt oder sehr heiss (siehe Schwarze Raucher), es herrscht ein immenser Druck, es ist stockdunkel und das Nahrungsangebot ist sehr knapp.
Mit all diesen Umweltbedingungen müssen Tiefseeorganismen umgehen können, dies zeigt sich in unzähligen Anpassungen, die uns Menschen in Erstaunen versetzen.

Dunkelheit
Wie die Lebewesen in der Lichtzone müssen die Tiefseebewohner zum Überleben Nahrung und Geschlechtspartner:innen finden, sich verteidigen oder verstecken können – nur eben mit der zusätzlichen Schwierigkeit, dass sie dies in absoluter Dunkelheit tun müssen. 
Deshalb ist es nicht erstaunlich, dass unterhalb von 700 m etwa 90 Prozent der Meeresbewohner ihr eigenes Licht besitzen. Die Fähigkeit von Lebewesen, Licht selbst oder mithilfe von Bakterien zu produzieren, nennt man Biolumineszenz. Das Licht entsteht chemisch mithilfe von Enzymen in hochspezialisierten Leuchtorganen, den Photophoren (sehen Sie Kurzfilm von Terra X). Diese Leuchtorgane sind wahre Wunderwerke der Natur: Die Rückwand der Leuchtorgane ist mit spiegelnden Kristallen ausgekleidet und verstärkt so den Leuchteffekt, vorne bündelt oder streut eine Linse das Licht, und unter der Linse sitzt meist noch ein Farbfilter, der eine komplexere Kommunikation ermöglicht. Mit Hautlappen oder chemischer Reaktion kann das Licht an- oder ausgeschaltet werden.

Hören Sie hier die Rufe des Pottwals. Mit seinen Klicklauten findet der Pottwal, mittels Echoortung, seine Beute.

Hoher Druck und Kälte
In 1000 m Tiefe herrschen 100 bar, das entspricht einem Gewicht von 100 kg/cm2. Das entspräche einem Gewicht von 100 kg, dass auf unserem Fingernagel drücken würde und jedem weiteren Quadratzentimeter unseres Körpers. Diesen immensen Druck halten nur spezialisierte Körper aus. Wichtig dabei zu wissen: Druck wirkt nur auf luftgefüllte Zellen und Organe (z. B. Lunge), Flüssigkeiten lassen sich hingegen nicht zusammendrücken. Viele Tiefseefische haben deshalb keine Schwimmblase oder sonstige luftgefüllte Zellen. Sie lagern stattdessen häufig viel Wasser in den Körper ein, was sie zum Teil grösser werden lässt als ihre Pendants in flacheren Gewässern. Auch druckunempfindliche Enzyme (Proteine) findet man bei Tiefseelebewesen. «Normale» Proteine würden nämlich bei dem hohen Druck sehr träge und könnten sogar reissen – ohne Proteine aber läuft gar nichts im Körper, denn sie steuern und unterstützen wichtige Stoffwechselvorgänge.
Zusätzlich zum Druck ist es in der Tiefsee auch eisig kalt, die Temperatur bewegt sich um den Gefrierpunkt (-1 °C bis 4 °C). Damit die Zellen in dieser Kälte nicht einfrieren und funktionsfähig bleiben, haben Tiefseelebewesen mehr ungesättigte Fettsäuren in ihren Zellwänden (gleicher Trick funktioniert auch bei streichzarter Butter, diese beinhaltet auch mehr ungesättigte Fettsäuren).

Heiss
An einigen Orten kann es in der Tiefsee plötzlich unglaublich heiss werden. Aus den Schloten der Schwarzen Raucher (hydrothermale Quellen) schiesst bis zu 400 °C heisses Wasser aus dem Meeresboden. Es kommt aus dem Erdinneren und ist zudem mit hochgiftigem Schwefelwasserstoff angereichert. Man würde denken, dass es der lebensfeindlichste Ort auf Erden ist. Aber wieder erstaunt uns die Tiefsee. Die Schwarzen Raucher sind ein wahrer Biodiversitäts-Hotspot – es wimmelt von Würmern, Muscheln und Krabben. Und Wissenschaftler:innen vermuten, dass an solchen hydrothermalen Quellen vor Jahrmillionen das Leben auf unserem Planeten seinen Anfang nahm.

Nahrungsmittelknappheit
Unterhalb der Lichtzone ist der Nahrungsüberfluss vorbei. Von der Primärproduktion, also dem, was die Algen produzieren, gelangen lediglich 5 Prozent bis in 1000 m, bis zum Boden dringt nur noch 1 bis 3 Prozent. Die Nahrungspartikel, die nach unten gelangen, nennt man Meeresschnee. Es setzt sich zusammen aus Resten, die von der Oberfläche absinken, abgestorbenes tierisches Plankton und Ausscheidungen. Manchmal kommt noch ein Glücksfall dazu, wenn der Kadaver eines Fisches oder sogar eines Wals auf den Grund fällt. Was am Meeresboden ankommt, entspricht pro Jahr und Quadratmeter 1 bis 10 Gramm organischem Material. Um diese Zahl greifbarer zu machen: Auf den Quadratmeter bezogen lebt das ganze Ökosystem am Meeresboden ein Jahr lang von nur 1 bis 10 Fischöltabletten!

Die Körper der Tiefseelebewesen sind auf Energieeffizienz ausgerichtet. Da in der Dunkelheit ständige Fluchtbereitschaft nicht nötig ist, haben sie oft zartere Skelette und mehr Wasser eingelagert statt Muskeln, Proteine und Fette. Die Verdauung ist langsam und äusserst effizient. Aus jedem Nahrungsbrocken wird das Maximum an Energie herausgeholt, denn nicht selten muss eine Mahlzeit für mehr als ein Jahr lang reichen. Daher wachsen Tiefseelebewesen langsam und werden meist sehr alt und pflanzen sich meist spät fort. Tiefseelebewesen pflegen einen ruhigen Lebensstil, man trifft sie eher als Ansitzjäger statt als schnelle Schwimmer. Der ganze Organismus ist aufs Hungern und auf einen möglichst geringen Sauerstoffverbrauch optimiert: Oftmals sind Kiemen und Herz reduziert, und der Stoffwechsel funktioniert auf Sparflamme. Langsamkeit ist die Devise in der Tiefsee!

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Luftaufnahme von Meeresvulkanen

Dunkelheit

Die folgenden Beispiele zeigen, wie Licht verschiedene Funktionen übernehmen kann: Beute anlocken, Tarnung, Abschreckung oder Kommunikation unter Artgenossen:

Hoher Druck und Kälte

Nahrungsknappheit

Nahrungsverschwendung können sich die Tiefseebewohner nicht leisten, dies führt wiederum zu erstaunlichen Anpassungen:

Nach all diesen beeindruckenden Anpassungen ist es nicht erstaunlich, dass die Tierwelt der Tiefsee auch einige bemerkenswerte Rekorde bereithält:

Trotz all dieser widrigen Bedingungen in der Tiefsee beheimatet der Ozean 80 Prozent des Lebens auf der Erde.

5. Wissensausbau: Was sind die Bedrohungen für die Tiefsee?

Verschiedene Gefahren beeinträchtigen das Leben im Meer mit alarmierender Geschwindigkeit. Die Fischerei, der Schiffsverkehr, aber auch der Rohstoffabbau bedrohen die Tiefsee – ein empfindliches Ökosystem, in dem sich Lebensformen und Habitate über Tausende von Jahren entwickelt haben.

Fischerei: Überfischung und Zerstörung des Meeresbodens
In fast allen Ozeanen werden so viele Fische gefangen, dass sich die Bestände nicht mehr erholen können. Sprich: Die Fischerei entnimmt den Ozeanen mehr Fische, als wieder nachwachsen können.

Tiefseearten sind auf Überfischung besonders anfällig, weil sie in der Regel langsame Fortpflanzungszyklen haben, ihre Geschlechtsreife oft erst spät erreichen und sich nur alle paar Jahre fortpflanzen. Daher dauert es lange, bis sich überfischte Bestände erholen können.

Die Industrialisierung der Fischerei wurde durch staatliche Subventionen ermöglicht. Nach dem Zweiten Weltkrieg gewährten die Staaten umfangreiche Finanzhilfen zur Modernisierung der Flotten und förderten so den Bau von Schiffen, die im Vergleich zu den immer knapper werdenden Meeresressourcen unverhältnismässig gross waren. Diese Praxis wird wegen der wachsenden weltweiten Nachfrage nach Fisch bis heute fortgesetzt und hat zu radikaleren Fangmethoden geführt, die es auch ermöglichen, in grössere Tiefen vorzudringen.

Besonders schädliche Fangmethoden für den Meeresboden sind neben Grundschleppnetzen auch Dredges. Wegen dem hohen Grad an Beifang sind auch Fangmethoden mit pelagischen Langleinen, Ringwaden und Kiemennetzen (Stellnetze) sehr problematisch.

Eine intensive Fangmethode, welche die Überfischung mitverursacht, ist die Fischerei mit Grundschleppnetzen. Bei dieser Methode schleift ein Schiff ein trichterförmiges Netz über den Meeresboden. Die eingesetzten Netze sind teils mehrere hundert Meter lang. Diese Methode führt zu viel Beifang – der mit 38 Millionen Tonnen rund 40 Prozent des weltweiten Fischfangs ausmacht – und zerstört den Meeresboden, da die Netze den Boden pflügen. Daher hat die Europäische Union 2016 die Fischerei mit Grundschleppnetzen in einer Tiefe von mehr als 800 m untersagt und 2022 in bestimmten Gebieten bereits ab 400 m Tiefe.


«Musterbeispiele» sind selektive Methoden mit wenig oder keinem Beifang, die keine Auswirkungen auf den Meeresboden haben, wie das Fischen von Hand, mit Fallen, Reusenkörben oder Angeln.

Bei der Überfischung spielt die Fangmethode eine wichtige Rolle, aber auch der Zustand der Fischpopulationen ist zu beachten: Zum Beispiel ist bei einem überfischten Bestand selbst eine Methode, die als relativ schonend gilt, nicht zu empfehlen.

Obschon bereits rund ein Drittel aller Fischarten überfischt ist oder kurz davorsteht, wird weiter intensiver Fischfang betrieben.

Schiffsverkehr
Heute werden ganze 90 Prozent der weltweiten Exporte von mehr als 50'000 Handelsschiffen transportiert. Dafür gibt es zwei Gründe: Im Vergleich zu anderen Transportmitteln ist es die kostengünstigste und die CO2-effizienteste Art, Waren zu befördern. Die Handelsschifffahrt ist für rund 3 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich.

Allerdings verschmutzt der Schiffsverkehr die Gewässer durch den Ausstoss von Kohlenwasserstoffen und anderen Schadstoffen, die schädlich sind für Meereslebewesen. Ausserdem sorgt der Verkehr grosser Schiffe für eine nicht zu unterschätzende Lärmbelastung. Dazu muss man wissen, dass für Meereslebewesen der Gehörsinn viel wichtiger ist als der Sehsinn: Viele Arten nutzen Geräusche, um sich zu orientieren, Beute aufzuspüren oder zu kommunizieren. Die Lärmverschmutzung ist zwar unsichtbar, verändert aber dennoch das Verhalten der Meerestiere und sorgt bei diesen für ständigen Stress. Der Lärm kann sogar zum Tod der Tiere führen.
Darüber hinaus kommt es immer häufiger zu Kollisionen zwischen Schiffen und Walarten.

Auf dieser Online-Karte kann man den aktuellen weltweiten Schiffsverkehr verfolgen.

Tiefseebergbau
Die Tiefsee ist ein noch kaum erforschtes Gebiet, das eine Alternative zu den Bergwerken an Land darstellen könnte, in denen die Arbeitsbedingungen oft miserabel sind. In der Tiefsee gibt es riesige Mengen an Mineralien (Mangan, Eisen, Kupfer, Nickel, Kobalt und Lithium). Bergbaukonzerne sehen in diesen Vorkommen eine Chance, den stetig wachsenden Bedarf an Metallen zu decken, die zum Beispiel für den Bau von Solarpanels, Computer, Smartphones oder Batterien für Elektroautos benötigt werden. Der Tiefseebergbau stellt jedoch eine ernsthafte Bedrohung für diese empfindlichen Ökosysteme dar.

In den letzten Jahren haben mehrere Länder damit begonnen, die Tiefsee zu erforschen. Die technischen Hilfsmittel sind vorhanden, nun fehlen nur noch die Bewilligungen für den Abbau der Rohstoffe.

Das Umpflügen des Meeresbodens und die dadurch entstehenden Partikelwolken würden die friedliche, dunkle und stille Welt in den Tiefen der Ozeane grundlegend verändern, Lebensräume zerstören und dazu führen, dass Lebewesen ersticken. Nicht zu vergessen sind auch die Lichtverschmutzung und die Lärmbelastung.

Die Nutzung der Tiefseeressourcen wird von der Internationalen Meeresbodenbehörde verwaltet, gestützt auf das Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen (UNCLOS). Dieses Regelwerk besagt, dass kein Staat die Souveränität über einen Teil des internationalen Meeresbodens oder dessen Ressourcen beanspruchen darf. Die dort vorgenommenen Tätigkeiten sollen der gesamten Menschheit zugutekommen, unter besonderer Berücksichtigung der Interessen und Bedürfnisse der Entwicklungsländer. Die Gebiete sollen durch die Staaten – egal ob von Küsten- oder Binnenstaaten – ausschliesslich friedlich genutzt werden, ohne Diskriminierung.
Im Jahr 2023 hat sich der Bundesrat für ein Moratorium zum Tiefseebergbau ausgesprochen.

Mehr zum Thema Tiefseebergbau finden Sie in diesen Videos (auf Englisch):

Die Ozeane werden auch durch andere Gefahren bedroht, mehr dazu erfahren Sie hier.

6. Auseinandersetzung mit der zentralen Frage: Wieso ist es wichtig, die Tiefsee zu schützen?

Wie wir in diesem Dossier gelernt haben, ist Wasser für alle Lebewesen auf unserem Planeten lebensnotwendig. Der Ozean ist eine Art riesiges Biodiversitäts-Sammelbecken: In ihm leben unzählige, einzigartige Tier- und Pflanzenarten, von Bakterien bis zum Blauwal, und viele Arten warten noch darauf, entdeckt zu werden. Zudem spielt der Ozean eine zentrale Rolle im Wasserkreislauf: Er reguliert das Klima und die Luft, die wir atmen. Er dient uns für den Warentransport und versorgt uns mit zahlreichen Nahrungsmitteln (welche die wichtigste Proteinquelle für über eine Milliarde Menschen weltweit darstellen), Mineralien und Ressourcen für die Arzneimittelproduktion. Für viele Menschen auf der Welt stellt der Ozean eine Arbeits- und Einkommensquelle dar, es leben über 200 Millionen Menschen von der Fischerei.

Der Ozean und insbesondere die Tiefsee sind noch kaum erforscht und halten vielleicht noch ein paar Überraschungen für uns bereit. Wir haben nur einen Planeten, und er ist unglaublich faszinierend. Es liegt an uns, ihn zu schützen.

Mehr zu diesem Thema finden Sie in diesem Artikel von Zeit Online: «Zehn Gründe, die Hochsee streng zu schützen»

7. Zukunftsvision entwickeln – handeln: Wie können wir unseren Einfluss auf die Tiefsee verringern?

Ein Teil des Wassers aus unseren Gletschern, Flüssen und Seen fliesst am Ende in den Ozean. Indem wir diese Gewässer sauber halten, schützen wir nicht nur die lokale Flora und Fauna, sondern verhindern auch, dass Abfälle und Schadstoffe in die Ozeane gelangen und sich dort anreichern. Sichtbare Abfälle, aber auch Mikroverunreinigungen im Industrieabwasser und aus der intensiven Landwirtschaft (Pestizide, Düngemittel) sowie Rückstände von Medikamenten, Haushaltsprodukten und Kosmetika beeinträchtigen die Wasserqualität. Die Schule kann einen Beitrag leisten, um diesem Problem entgegenzuwirken, indem zum Beispiel möglichst umweltfreundliche Reinigungsmittel und Seifen verwendet werden.

Will man die Fischerei und die Überfischung begrenzen, müsste der Fischkonsum auf besondere Anlässe beschränkt werden – auch in der Schweiz. Kleinere Fischarten mit einer raschen Vermehrung wie Heringe und Sardellen sollten auf dem Speiseplan bevorzugt, grosse Raubfische wie Thunfisch, Schwertfisch, Kabeljau und Lachs möglichst gemieden werden. Beim Zuchtfisch sollten wir Pflanzenfresser wie Karpfen bevorzugen oder Fischarten, die wenig Fisch in ihrem Nahrungsangebot brauchen wie Wels, Pangasius oder Tilapia. Muscheln aus Aquakulturen, die ihre Nahrung aus dem ihnen umgebenden Wasser filtern, sind auch eine gute Wahl. Verzichten sollten wir auf Raubfische aus Zuchtanlagen, denn sie werden in aller Regel mit Fischmehl und Fischöl gefüttert, was eine zusätzliche Belastung für die Fischbestände im Meer bedeutet. Auch die Fangmethode ist wichtig, sie wird meist auf der Verpackung angegeben. Hier sollten selektiven Methoden mit geringem Einfluss auf die Ökosysteme den Vorrang gegeben werden, wie Handleine oder Reusenkörbe. Vom WWF gibt es einen Ratgeber zum Fischkonsum. In der Schule besteht die Möglichkeit, nachhaltige Snacks (saisonal, lokal, biologisch, zero waste und gesund) zu fördern und in der Mensa auf den bewussten Konsum von Fisch zu setzen.

Unsere Konsumgüter werden oft industriell am anderen Ende der Welt hergestellt. Neben der Verschmutzung des Abwassers vor Ort verursacht der Transport der Waren Luft- und Wasserverschmutzungen. Die Emissionen der Schiffe und Fabriken verstärken den Treibhauseffekt und damit die Klimakrise. Die Erderwärmung wirkt sich wiederum auch auf die Ozeane aus. Ausserdem wird der Plastik für Waren oder Verpackungen teils aus Rohstoffen, die bei Tiefseebohrungen gewonnen werden, hergestellt, und die Metalle in unseren Elektrogeräten werden in Zukunft vielleicht in der Tiefsee abgebaut. Auch einige unserer Lebensmittel (z.B. Getreide oder bestimmte Früchte wie Bananen) werden mit Schiffen transportiert.

Wenn wir unseren Konsum reduzieren und lokale Produkte von Handwerker:innen oder Landwirt:innen aus der Region kaufen, reduzieren wir die Transportwege und die Massenproduktion. Als Entscheidungshilfe können wir uns vor einem Kauf fragen: Brauchen wir dieses Produkt wirklich? Wird es uns lange Freude bereiten? Können wir es nicht einfach ausleihen? Vielleicht hilft uns auch die Regel der 5 R: refuse, reduce, reuse, recycle, rot auf Deuscht: ablehnen, reduzieren, wiederverwenden, recyceln, kompostieren.

Menschen, die sich für den Schutz der Ozeane einsetzen:

 

8. Weitere Vertiefung: Bezug zu den verschiedenen Themen der nachhaltigen Entwicklung (BNE)

Hier finden Sie eine Auswahl an weiteren Quellen, auf die Sie zurückgreifen können, um das Thema Wasser unter verschiedenen Gesichtspunkten der nachhaltigen Entwicklung zu behandeln.

Gesundheit:

Kultur:

Es gibt viele Märchen und Erzählungen , die verschiedene Umgänge und Beziehungen zum Wasser und den Meeren thematisieren.

Besitzanspruch:

Zugang zu Trinkwasser

Klima

Verschmutzung

Allgemein

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Grafik Pandamobil Tiefsee

Impressum und Danksagung

Redaktion
Maude Poirier, Aline Junod, Véronique Bezençon, Charlotte Goriup, Nicole Hiltbrand

Übersetzung
Anja Hagmann

Lektorat
Aline Junod, Maude Poirier, Rolf Muntwyler
Wissenschaftliche Beratung: Isabel Jimenez, Catherine Vogler, Alice Eymard
Pädagogische Beratung: Sophie Richoz, Karyn Fournier, Martine Ehinger

Grafik und Illustrationen
ND Création Visuelle

An diesem Unterrichtsdossier haben zahlreiche Personen mitgearbeitet. Ein grosses Dankeschön geht an alle, die ihr Wissen, ihre Überlegungen und ihre wertvollen Ratschläge beigesteuert haben.