Freiwilliger Herdenschutz liegt im Trend
Freiwillige packen vermehrt an und unterstützen die Alp-Bewirtschafter:innen beim Schutz ihrer Tiere vor Grossraubtieren. Das zeigt eine Auswertung der Initiativen OPPAL und Pasturs Voluntaris. Hunderte Menschen investieren einen Teil ihrer Freizeit, um das Zusammenleben zwischen Wolf und Nutztieren zu ermöglichen.
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2023 waren über 500 ausgebildete Freiwillige auf 40 Alpen und Betrieben im Einsatz. Die Nachfrage für Unterstützung seitens Alpbewirtschafter:innen ist seither gestiegen und auch der stärkere Zulauf von Freiwilligen deutet auf eine Ausweitung der Einsätze in diesem Sommer hin.
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Die Zahl der Teilnehmenden steigt und die Zufriedenheit ist hoch - sowohl bei Freiwilligen, wie auch bei Alpbewirtschafter:innen. Das zeigt eine Auswertung der geführten Gespräche.
- OPPAL und Pasturs Voluntaris schaffen gegenseitiges Verständnis, indem sie unterschiedliche Bevölkerungsgruppen zusammenbringen.
Zitate:
Gabor von Bethlenfalvy, Experte für Grossraubtiere WWF Schweiz:
"Freiwilligenarbeit hat in der Schweiz Tradition. Das zeigt sich auch beim Herdenschutz: Erfreulich, wie viele Menschen sich für das Zusammenleben von Mensch und Wolf einsetzen."
Jérémie Moulin, Geschäftsleiter des Vereins OPPAL:
"OPPAL basiert auf einem inklusiven Naturschutzmodell, schafft soziale Bindungen und fördert die Lebensqualität im ländlichen Raum."
Nina Rossi, Projektleitung Pasturs Voluntaris:
"Sowohl die Bäuerinnen und Bauern als auch die Freiwilligen profitieren von dieser Zusammenarbeit: Die Landwirte können ihre Tiere sicher auf den Weiden halten, während die Freiwilligen wertvolle Einblicke in die Alpwirtschaft gewinnen. So tragen wir dazu bei, das empfindliche Gleichgewicht in unserer Natur zu bewahren und die Sömmerung als Teil unserer Kultur zu erhalten."
Peter A., Schafhalter in GR:
"Beide Helfer haben meine Erwartungen übertroffen.
In der Regel ergeht es mir nicht so, da meine Anforderungen immer sehr hoch sind. Umso erfreuter und überraschter bin ich über diese tolle Unterstützung der beiden. Herzlichen Dank für die Vermittlung."
Beate S. und Peter R., Freiwillige:
"Der Einsatz war für uns ein wunderschönes Erlebnis. Wir haben viel gelernt und waren froh, etwas helfen zu können. Pasturs voluntaris ist eine sehr gut organisierte und sehr nützliche Einrichtung. Wir haben uns beim Landwirten sehr wohl gefühlt und haben gerne mit ihm zusammengearbeitet."
M. Roulin, Schafhirt
"Nach dem Wolfsangriff am 25. Juli war es mir nicht mehr zumutbar, die Schafe Tag und Nacht zu hüten. Müdigkeit, Unfälle, mangelnde Arbeitsfreude; die Lösung, sich helfen zu lassen, wurde angenommen. Daher möchte ich dem Personal und den Freiwilligen von OPPAL herzlich danken. Ihre Nachtwachen, um meine Herde zu schützen und meinen Nachtschlaf zu retten, das ist so wertvoll. Vielen Dank!"
Raum für Dialog schaffen
Die Zivilgesellschaft zeigt sich immer solidarischer, seit die Anzahl der Wolfsrudel in der Schweiz zugenommen hat: Allein im Sommer 2023 waren über 500 ausgebildete Freiwillige verteilt in den Kantonen Wallis, Waadt, Graubünden, St. Gallen und Tessin auf über 40 Alpen und Betrieben im Einsatz. Sie leisteten kumuliert 330 Tages- und knapp 700 Nacht-Einsätze.
Die Herkunft der Freiwilligen ist vielfältig, sie stammen teilweise auch aus städtischen Gebieten. Die Vereine dieser Freiwilligenarbeit sind regional gut verankert und haben einen Bezug zur Landwirtschaft. Die Initiativen verfolgen das gemeinsame Ziel, den Konflikt zwischen menschlichen Aktivitäten und der Anwesenheit von Grossraubtieren zu reduzieren.
Eines bestätigen alle Projektleitende: neben der Entlastung für das Alppersonal, schaffen diese Initiativen gegenseitiges Verständnis zwischen den Bevölkerungsgruppen und bauen damit Brücken – ein grosser Mehrwert in einer polarisierten Gesellschaft. Es entstehen dabei Beziehungen, die über den reinen Herdenschutz hinauswirken.
Das Nachtsichtgerät kommt zum Einsatz
Die Initiant:innen und die Art der Freiwilligen-Einsätze sind sehr divers: So unterstützen die Freiwilligen des Vereins OPPAL das Alppersonal und den Herdenschutz durch nächtliche Präsenz und halten so den Wolf fern, v.a. in den Kantonen Wallis und Waadt. Die Freiwilligen des Projekts Pasturs Voluntaris unterstützen den Auf- und Abbau von Schutz- und Weidezäunen in Graubünden. Und im Kanton St. Gallen werden Einsätze direkt von der kantonalen Herdenschutzberatung koordiniert.
Es braucht ein Miteinander
Die Rückkehr des Wolfs ist eine der wenigen Erfolgsgeschichten des Artenschutzes in der Schweiz. Zugleich war die Nutztierhaltung während über 100 Jahren nicht auf die Wolfs-Präsenz ausgerichtet. Von der Rückkehr des Raubtiers am stärksten betroffen sind zweifellos die Bewirtschafter:innen von Schafalpen, die vor der Herausforderung stehen, ihre Tiere genügend zu schützen.
Daher ist es wichtig und richtig, dass die Landwirtschaft nicht allein gelassen wird und von der öffentlichen Hand jene Unterstützung erhält, die sie braucht, um den Herdenschutz professionell umzusetzen. Leider werden derzeit nicht alle Nutztierhalter:innen adäquat entschädigt.
Weiterführende Informationen:
Faktenblatt freiwilliger Herdenschutz
Bilder OPPAL und Pasturs Voluntaris
(Veröffentlichung nur unter Angaben des Copyrights)
Medienkontakte:
WWF Schweiz: Jonas Schmid, Mediensprecher, jonas.schmid@wwf.ch, 079 241 60 57.
OPPAL: Mélanie Sounier, Responsable communication, melanie.sunier@oppal.ch, 079 715 23 65
Pasturs Voluntaris: Nina Rossi, info@pasturs-voluntaris.ch,078 420 08 01